Ein Herzstück des Festivals ist die Nähe zu den lokalen Ortschaften und die direkte Zusammenarbeit mit Menschen vor Ort. Ich sage explizit nicht „Publikum“, da es nicht in erster Linie darum geht – zumindest so meine Wahrnehmung – die Menschen von der Großartigkeit unseres Projekt zu überzeugen und zu Hauf zu den Konzerten zu bewegen, sondern es findet ein Miteinander statt und man würdigt das, was vor Ort schon seit langem stattfindet – ganz ohne, dass man als Berliner Künstlernase (in diesem Moment fasse ich mir selbstverständlich an die eigene Nase) extra dorthin fährt.
Für mich bedeutete dies zum Beispiel ein Workshop mit Jugendlichen des St. Michael Gymnasiums in Blankenheim und eine Uraufführung mit dem lokalen Bläserverein, komponiert und geleitet von Frank Reinshagen.
Beide Aufgaben waren durchaus eine Herausforderung, zumindest gedanklich im Vorhinein, da meine Haupttätigkeit sich bisher meistens auf Konzerte spielen beschränkt hat.
Für den Workshop habe ich die Grundidee des „Soundpainting“ Konzepts gewählt – eine durch Handzeichen angeleitete Gruppen-Improvisation, die keine Vorkenntnisse oder besonderen Fähigkeiten erfordert und bereits in den 1970er Jahren von Walter Thompson entwickelt wurde.
Heutzutage gibt es spezielle Ensembles und Leiter:innen, die sich auf diese Technik spezialisieren und sie mit über 500 Handzeichen zu einem ausgeklügelten musikalischen System gemacht haben.
Diesen Anspruch hatte ich selbstverständlich nicht – mein selbsternanntes Ziel war es viel eher, ein Vertrauen zu und unter den Jugendlichen zu entwickeln, das sie dazu befähigt, selbstständige, mutige musikalische Entscheidungen zu treffen, und in der Gruppe zu erleben, wie man gemeinsam ohne große Hürden etwas Neues, ganz persönliches kreieren kann.
Vielleicht lockte mich selbst diese Idee so sehr, da ich erst spät, bereits im Studium, mich mit dem Thema Improvisation beschäftigt habe und im Alleingang die Kraft und Möglichkeiten dieser musikalischen Ausdrucksweise versucht habe, mir zu erschließen.
Der Prozess und das Resultat jedenfalls hat mir unglaubliche Freude bereitet – als Gruppe vor 150-200 Mitschüler:innen und anderem Publikum im Freien eine 7-minütige freie Improvisation vorzuführen, die alles andere als schüchtern und zurückhaltend war, erfordert großen Mut!
Die Zusammenarbeit mit dem Blasverein von Frank Reinshagen war ebenfalls etwas total bereicherndes – und auch hier stand die Improvisation im Mittelpunkt. Eine Komposition, die ganz wie die Eifel an sich, Platz, Zeit und Raum schafft für feine Konsonanzen und Dissonanzen und mir als Solistin die Möglichkeit gab, mit dem gegebenen Material wirklich zu spielen klangliche Nuancen herauszuarbeiten. Diese Art von Vertrauen, die Frank mir in diesem Rahmen schenkte war und ist keine Selbstverständlichkeit und ich freue mich bereits über die nächste Möglichkeit, mit ihm zusammen arbeiten zu dürfen!