27. Mai 2021

Unter uns – musikalische Begegnungen in Bad Münstereifel

Durch die Musik entrückt zu werden und den Künstler*innen nahe zu sein sind wichtige Komponenten eines intensiven Konzerterlebnisses, darin war sich mein Publikum in Bad Münstereifel einig. Meine musikalischen Hausbesuche haben mich in sehr unterschiedliche Situationen geführt: auf das Kaffeekränzchen einer Chorgesellschaft, in das stilvolle Haus eines Kulturliebhaber-Ehepaars sowie in die Natur, wo Wind und Regen zu meinen Duopartnern wurden. Ich und meine Musik wurden überall sehr herzlich aufgenommen und der erhoffte Austausch mit meinen Zuhörer*innen gestaltete sich mühelos und ganz natürlich. Mit offenen Ohren für die Musik und füreinander sprachen wir in einem wertungsfreien Rahmen über die Schwierigkeiten, einen Zugang zu aktueller Musik zu finden sowie über Problematiken im Konzertwesen allgemein. Was ich dabei gelernt habe: Oftmals bedarf es nur ein paar Worten zu Werk, Hintergrund und eigener Motivation, um das Publikum an ihren persönlichen Standpunkten abzuholen und mit auf eine musikalische Reise zu nehmen. Wenn auch nicht jede*r nachher im selben Maße wie ich selbst von einem Werk wie Pression von Helmut Lachenmann begeistert ist, so können doch fast alle nach Konzertende zumindest meine Begeisterung für die Vielschichtigkeit der Neuen Musik nachvollziehen. Cello links, Bogen rechts – so klar sind die Verhältnisse in vielen modernen Werken längst nicht mehr: mal bin ich mehr Schauspielerin als Cellistin, mal trommle ich auf meinem Instrument wie auf einem Schlagzeug oder begleite mich selbst mit meiner Stimme. Ein Zuhörer sagte mir, er habe gar nicht gewusst, dass zeitgenössische Musik auch so klingen kann und hat vorgeschlagen, noch ein Stück in mein Repertoire aufzunehmen, das ganz ohne Cello auskommt. Die vielen ehrlichen Kommentare und Rückmeldungen zu meinen Darbietungen haben mich sehr bewegt und mir zu denken aufgegeben: Was ist meine Rolle und meine Verantwortung als Musikerin im 21. Jahrhundert?


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