Das Matronendenkmal auf der Görresburg – ein spiritueller Ort, der so viel Geschichte der Region mit sich trägt. „Matronensteine“ geben bis heute Rätsel auf, doch das verstärkt die Mystik eher noch. Oft werden sie als Muttergöttinnen gedeutet, doch erst, wenn man tief in die keltische Kultur und Religion eintaucht, einen Blick zurück ins Matriarchat wirft, beginnt man diesen Titel zu verstehen.
Der Ursprung allen Lebens, in der Mystik jeder Kultur, der Ursprung der Welt, ist eine weibliche Quelle: ein Fluss, blutiger Lehm, der Blutozean über den die indische Göttin „dPal-Idan-Iha-mo“ reitet. In der griechischen Mythologie gebiert und ernährt Gaia alles Leben und nimmt die Toten wieder in ihren Schoß auf. Der Fluss Styx, bei dem die Götter ihre Eide schwören, windet sich siebenmal durch das Innere der Erde, bis er bei der Stadt Clitor aus der Erde kommt – Am Anfang war die Kall, das ist die Quelle, der Schlamm, die Tiefe, die Höhle, die Weiblichkeit.
Matrona ist nicht einfach Mutter, es geht nicht um eine Verherrlichung der Häuslichkeit und des Kindergebärens. Der Begriff Matrona meint eher Dame und spricht von einer weiblich schöpferischen Energie, die mehr beinhaltet: Körper, Geist, Seele oder Sonne, Mond, Sterne – Eine Dreiteilung in Wachstum der Natur, des Geistes und des Fleisches.
Die Quelle des Geistes ist im Matriarchat weiblich, also ganz konkret die Menstruation (in der Wortforschung findet man in vielen Sprachen diese Verbindung: lat. mens – Verstand)
Und auch in der Mythologie finden wir dieses Bild: Ariadnes roter Faden weist den Weg aus dem Labyrinth, Hera als Hebe reicht den Göttern den übernatürlichen roten Wein, der unsterblich macht, Thor trinkt für Erleuchtung und ewiges Leben aus dem Fluss, gefüllt mit Blut.
Es fällt nicht schwer zu verstehen, wie im Beginn des Patriarchats daraus Teufels- und Hexenbilder wurden. Wer weiß schon, dass das Bild des Teufels mit herausgestreckter Zunge ein Abbild der schwarzen Menstruationsgöttin ist (Zunge = Menstruationsfluss ).
Es ging um Reife und Wachstum. Die Menstruation ist ein Innehalten im täglichen Trott. Man glaubte lange, dass die Menstruation den Blick nach innen erlaubt und damit die Möglichkeit zur inneren Reife und geistigen Wiedergeburt.
Die Drei Göttinnen – weiß, rot und schwarz – sind ein Symbol für Reife und Wachstum.
Weiß Aufbauzyklus (Tochter) junge Frau
Rot Fruchtbarkeit (Mutter) Gebärerin
Schwarz Blutfluss (Ahnin) alte und dadurch weise Frau
Diese Gleichzeitigkeit in Bedeutung wurde später im Patriarchat abgeflacht. Das Christentum hat vor allem die Virgo, die junge Frau zugelassen und zur Jungfrau gemacht. In der Eifel findet man sie in den Juffensagen wieder, Sagen von weißen Frauen. Ihre Sexualität und damit ihre Fruchtbarkeit verschwinden. Die rote Mutter existiert um Nachkommen zu empfangen, zu gebären und zu nähren (zum Beispiel Eva = Mutter der Lebendigen). Die Schwarze wurde zur Hexe, weil sie die stärkste matriarchale Göttin war (z.B. Lilith, Delila).
Die Matronen sind wohl kein matriarchaler Reinkult, doch viele dieser Bilder sind hier noch erhalten. Die ausgesuchten spirituellen Orte sind naturverbunden und ich kann nur jedem empfehlen dort mehr der Erde zu lauschen, als historische Fakten zu suchen. Es gibt so viele Dinge, die wir nicht mit Sicherheit über den Matronenkult sagen können. Liegt nicht auch eine besondere Kraft darin, dass die Magie so elementar war, dass Worte sie nicht fassen konnten?
Die „barbarischen“ Kelten hatten ein anderes Weltbild. Die Vorstellung von Zeit und Göttlichkeit sah vollkommen anders aus, als später bei den Römern. Für die Kelten existierte Gleichzeitigkeit. Das Weltbild und sie entschieden sich für Bilder statt Worte. Das sieht man zum Beispiel im keltischen Münzdruck. Wir messen Zeit heute linear, Dinge passieren nacheinander, man wird geboren, lebt und stirbt und das Wort „messen“ zeigt, wie gerne wir auch heute noch „Zeit“ greifbarer machen wollen. Wir werden also auch nicht mit Worten versuchen einen Kult zu ERKLÄREN, sondern Bilder „malen“.
In unserer Performance an der Görresburg geht es um:
Urenergie – „Mutter-Erde“, wenn man die so nennen möchte. Der Chor meines Vokalworkshops lässt die Urgeräusche, Urklänge der menschlichen Stimme, des Menschlichen in einem „Erde-Natur-Rauschen“ wieder auferstehen.
Essenz der Urreligionen – Schöpfende von Geist, Seele und Körper, ein Echo der Ursilben (z.B „Kall“ und „Ba“ ), der Quelle von Verstand, Weisheit, Fruchtbarkeit erklingt in einem Flüsterchor.
Und dann ein eine musikalische Improvisation „Sutra“, die ich mit den Musikerinnen Vanessa Porter und Valerie Fritz performen darf. Drei Frauen, die ein Stück Musik über den Satz: „Let me be the sound of love“ schöpfen. Diese kurze Videoproduktion soll auch nach dem Festival BesucherInnen der Görresburg zur Verfügung stehen.
Ich hoffe, auf viele Besucher für unseren ersten Versuch, in den Urklang der Matronen auf der Görresburg künstlerisch einzutauchen. Und was Sie glauben, welche Bilder Sie sehen, welche Interpretationen Sie haben und wie oder ob Sie dabei reifen, bleibt Ihnen überlassen.